Meldung von tagesschau.de:
Angeblicher Parteiaustritt
Schmutziges Spiel mit Mierscheid
Wahlkampf mit allen gemeinen Tricks – eine Falschmeldung aus Berlin lässt Schlimmes für die kommenden Wochen befürchten. Am Morgen verbreiteten die Nachrichtenagenturen Reuters und DDP eine Meldung, die die SPD im Mark erschütterte. “Abgeordneter Mierscheid verlässt die SPD” hieß es da. Aus Empörung über die Arbeitsmarktreform der Sozialdemokraten habe der gelernte Schneidermeister sein Parteibuch zurückgegeben.
News-Schock für Nachrichten-Hasen
Die Nachricht elektrisierte auch die Redaktion von tagesschau.de. Schließlich ist Jakob Maria Mierscheid nicht irgendwer. Notabene seit 25 Jahren sitzt Mierscheid für die SPD im Bundestag und wurde dort aber nie gesehen. Manchen gilt der 72-Jährige deshalb als Inbegriff des Hinterbänklers, andere halten ihn schlicht für ein Phantom.
Legendär aber waren und sind seine Presseerklärungen. Erst Ende Januar hatte er seiner Fraktion mitgeteilt, er wolle ihr “noch viele Jahre erhalten” bleiben. Mit Nikotinverzicht, Sport, fischreicher Ernährung und Beta-Blockern beabsichtige er, seine Lebenserwartung um 270 Prozent zu erhöhen.
Umso überraschender kam seine vermeintliche Ankündigung, er sei aus der SPD ausgetreten und strebe eine Kandidatur für das Linksbündnis an. Die besten Analytiker auch dieser Redaktion kamen zu einer Sondersitzung zusammen und tagten seither in Permanenz. Würde die SPD nun auseinander brechen? War dies der Todesstoß für Schröder und Müntefering? Und wie würden die Börsen, wie die fiebrigen Analysten reagieren?
Einmal Sozialdemokrat, immer Sozialdemokrat
Just als die Sender erwogen, ihr Programm für Sondersendungen zu unterbrechen, kam das Dementi. Er bleibe natürlich in der SPD, erklärte Mierscheid. Der Linkspartei müsse es “dreckig gehen, wenn sie meint, sich mit Falschmeldungen und dem Missbrauch meines guten Namens Aufmerksamkeit verschaffen zu müssen”, ließ der 72-Jährige via SPD-Fraktion erklären.
Nun rätselt “tout” Berlin, wer wirklich hinter dieser perfiden “Ente” steckt. Handelt es sich tatsächlich um einen abgeschmackten PR-Gag des Linksbündnis? Oder versuchten Konservative, einen Keil in die politische Linke insgesamt zu treiben? Oder war es ein verklausulierter Hilfeschrei der letzten Linken in der SPD? Die Jagd auf die Fälscher ist eröffnet. Jakob Maria Mierscheid wird uns auf dem Laufenden halten.
Das ganze Geheimnis: Jakob Maria Mierscheid ist ein fiktiver Politiker. Er taucht zwar mit einer Biographie auf der Internetseite des Bundestags auf, existiert jedoch nicht wirklich. Wer ihn erfunden hat, ist unbekannt. Es wird vermutet, dass sich SPD-Mitarbeiter seit Jahren einen Spaß daraus machen, Erklärungen unter seinem Namen herauszugeben.